Integrierte Kanalnetzsteuerung

Lemgo

Im Rahmen der Betrachtung der Gewässer wurde ca. ab dem Jahre 2000 begonnen sich Gedanken zu machen, wie die Gewässergüte entsprechend verbessert werden kann. Hierzu wurde auch die Bega im Bereich Lemgo betrachtet. Einmal ging es um das Gewässer selbst, sowie auch um die Einträge (hydraulisch und auch stoffliche Belastungen) von „außerhalb“. Es wurden u.a. die Einträge lokalisiert, quantifiziert und qualifiziert. Bei den Einträgen aus dem öffentlichen Kanalnetz, d.h. aus Mischwasserabschlägen, Regenwassereinleitungen und abschließend aus dem Ablauf der Kläranlage, wurde geschaut von wo, wieviel Belastungen ins Gewässer gelangt.

Konzeptionell wurden dann Lösungen erarbeitet, die Gewässerbelastung reduzieren und dadurch die Gewässereigenschafften verbessern, z.B. Regenwasserreinigung und –rückhaltung, Misch- in Trennsystem umwandeln, Speichervolumen im Mischsystem ausbauen, Reinigungsleistung der Kläranlage verbessern. Bei der Betrachtung wurden auch die Umsetzbarkeit geprüft; z.B. Standort, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit, Kosten/Nutzen, Betriebsaufwand.

Einige Maßnahmen wurden im Rahmen von generell notwendigen Arbeiten und Investitionen umgesetzt. Bei der Planung der Ertüchtigung der Kläranlage wurde u.a. die hydraulische Belastung betrachtet, da die Kläranlage mit der stofflichen Belastung gut zurechtkommt, aber nicht mit der hydraulischen Belastung bei stärkeren Regenereignissen.
So sieht die Planung den Bau eines dritten Nachklärbecken vor, welches nur bei entsprechenden Regenereignissen benötigt wird. Bei der weiteren Planung wurde darauf geachtet, wie die hydraulische Belastung auf ein Maximum reduziert werden kann, ohne das dritte Nachklärbecken gebaut werden muss, aber weiterhin die Fracht / die stoffliche Belastung auf der Kläranlage ankommt, um dort geklärt zu werden.

Hieraus entstand die Kanalnetzsteuerung für das Lemgoer Kanalnetz. Dieses System wird mittels eines zentralen Rechners auf der Kläranlage gesteuert. Bei der Planung wurden die vorhandenen Sonderbauwerke im Netz (Stauraumkanäle, Regenüberlaufbecken, Regenüberläufe, …) und auch die Kläranlage betrachtet und die vorhandenen Messwerte ausgewertet. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass bei Regenereignissen teilweise nicht alle vorhandenen Beckenvolumina und Kanalstauraum genutzt wurden, aber an andern Stellen schon Abwasser verdünnt abgeschlagen wurde. Um mehr Speichervolumen im vorhandenen Kanalnetz zu nutzen, ohne neue Regenbecken zu bauen, wurden die Hauptsammler an mehreren Stellen zu Stauraumkanälen umgebaut. Dieses bringt einmal den Vorteil das Speichervolumen regeneriert wird und auch die meiste Fracht im Kanal verbleibt, so nicht uns Gewässer gelangt und der Kläranlage zugeführt wird, ohne diese in Becken zwischen zu speichern.

In Lemgo besteht die Möglichkeit, das Abwasser vom nördlichen ins südliche Kanalnetz übergeleitet werden kann, so können die vorhandenen Speichervolumen bei Regen voll genutzt werden. Dieses entlastet die Gewässer. Durch doppelte Messpunkte und einer automatischen Plausibilitätsprüfung wird das Kanalnetz optimal betrieben. Auf der Kläranlage wurden ebenfalls Speichervolumen durch Umbauten geschaffen. Hier werden durch eine Vielzahl an Messstellen sichergestellt, dass die maximale Wassermenge aufgenommen werden kann, stellt sich doch im Betrieb fest, dass diese Menge zu Problemen führt, wird diese Zulaufmenge entsprechend gedrosselt, um den optimalen Reinigungsprozess zu gewährleisten. Durch eine lange Erprobungsphase und ein entsprechendes Monitoring wurde die Steuerung und somit ein gescherter Betrieb optimiert.

Kanalnetz Daten und Fakten

Das Lemgoer Kanalnetz hat derzeit eine Gesamtlänge von rund 285 Kilometer im Freigefälle. In etwa 50 % dieser Kanalisation wird das Abwasser in Mischwassersystemen abgeleitet, in denen sowohl Schmutz- als auch Regenwasser in einem Kanal gesammelt wird. Die Mischwassersysteme befinden sich überwiegend in der Kernstadt, aber auch in den älteren Gebieten der Ortsteile. In den anderen etwa 50 % der Kanalisation wird das Abwasser in Trennsystemen, mit jeweils separaten Kanälen für Schmutz- und Regenwasser, gesammelt. Die Trennsysteme befinden sich überwiegend in den Ortsteilen. Die Misch- und Schmutzwasserkanäle transportieren das Abwasser zur Kläranlage, die Regenwasserkanäle möglichst in den nächstgelegenen Bachlauf.

Neben der Freispiegelkanalisation hat das Lemgoer Kanalnetz in der Summe rund 90 km Druckleitungen und dezentrale Druckentwässerungen. Mit Hilfe von Pumpwerken und zughörigen Druckleitungen wird das gesammelte Abwasser aus Misch- und Schmutzwasserkanälen entweder direkt zur Kläranlage oder in das nächstmögliche Abwassersystem im Freigefälle geleitet. Die Druckleitungen weisen hierbei einen Anteil von ca. 15 km auf. Bei der dezentralen Druckentwässerung hingegen wird das anfallende Schmutzwasser von Grundstücken in die nächstgelegene Freispiegelkanalisation abgeleitet bzw. gepumpt. Dies erfolgt über rund 720 dezentrale Pumpstationen direkt auf den Grundstücken. Die zugehörigen Druckleitungen haben hierbei eine Gesamtlänge von ca. 75 km. Die dezentralen Druckentwässerungen befinden sich überwiegend in den Ortsteilen.

Im Weiteren befinden sich im Lemgoer Stadtgebiet Grundstücke im ländlichen Bereich. Eine entwässerungstechnische Erschließung über eine dezentrale Druckentwässerung ist bei diesen Grundstücken wegen technischer Schwierigkeiten oder wegen eines unverhältnismäßig hohen Aufwandes nicht angezeigt. Das zu reinigende anfallende Abwasser wird hierbei direkt in eine auf dem jeweiligen Grundstück befindliche Kleinkläranlage geleitet. Dies erfolgt bei rund 140 Grundstücken.

Um die Kanalisation, sowohl im Freigefälle als auch über Druckleitungen und dezentrale Druckentwässerungen, zu optimieren und den gesetzlichen Anforderungen zu genügen, befinden sich im Gesamtnetz der Stadt Lemgo rund 75 Sonderbauwerke mit den unterschiedlichsten Funktionen in der Misch-, Schmutz- und Regenwasserkanalisation (Düker, Pumpwerke, Vorbehandlungs- und Rückhalteanlagen).

Sowohl in der Vergangenheit, als auch in die Zukunft gerichtet, wurde und wird durch die kontinuierlichen Erneuerungen und Sanierungen der abwassertechnischen Anlagen der Substanzerhalt der Entwässerungssysteme gewährleistet.

Wenn Sie erfahren möchten wie und wohin die entwässerungstechnischen Anlagen das Abwasser
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Kanalnetz Stadt Lemgo


Aufgaben im Kanalnetz

Abwasserbeseitigungskonzept und Niederschlagswasserbeseitigungskonzept

Nach Landeswassergesetz NRW sind die Städte und Gemeinden verpflichtet das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen. Diese Verpflichtung umfasst dabei die zur ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung notwendigen Abwasseranlagen in angemessenen Zeiträumen zu planen, zu errichten, zu erweitern oder den allgemein anerkannten Regeln der Abwassertechnik anzupassen sowie ein Abwasserbeseitigungskonzept vorzulegen.

Das Abwasserbeseitigungskonzept ist jeweils im Abstand von sechs Jahren fortzuschreiben, den Aufsichtsbehörden zur Genehmigung vorzulegen und wird durch den Rat der Alten Hansestadt Lemgo verabschiedet. Das Konzept ist für die Stadt Lemgo für diesen Zeitraum bindend. Im Abwasserbeseitigungskonzept sind zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht sowohl der Stand der öffentlichen Misch-, Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung als auch die ausgewiesenen notwendigen Baumaßnahmen, die zeitliche Abfolge und die geschätzten Kosten darzustellen.

Das Abwasserbeseitigungskonzept muss auch Aussagen darüber enthalten, wie in den Entwässerungsgebieten das Niederschlagswasser beseitigt wird und werden kann (Niederschlagswasserbeseitigungskonzept). Dabei sind zum einen Auswirkungen auf die bestehende Entwässerungssituation, auf das Grundwasser und die oberirdischen Gewässer darzustellen. Zum anderen muss das Niederschlagswasserbeseitigungskonzept auch Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung enthalten. Veränderungen des gültigen Abwasserbeseitigungskonzeptes müssen den Aufsichtsbehörden jährlich mitgeteilt und von diesen genehmigt werden.

Die im Abwasserbeseitigungskonzept ausgewiesenen Baumaßnahmen berücksichtigen dabei sowohl viele unterschiedliche Kategorien und Aspekte als auch Baumaßnahmen, die aus weiteren gesetzlich geforderten Entwässerungskonzepten und Verordnungen resultieren:
 

  • Erweiterungsmaßnahmen innerhalb bebauter Gebiete
  • Erweiterungsmaßnahmen innerhalb von Neubaugebieten
  • Maßnahmen zur Niederschlagswasserrückhaltung und -behandlung, Hochwasserschutz, Starkregenvorsorge, Klimafolgenanpassung'
    (Niederschlagswasserbeseitigungskonzept, EU-Wasserrahmenrichtlinie)
  • Sanierungsmaßnahmen zur Reduzierung von abzuleitendem Abwasser (Fremdwasserbeseitigungskonzept)
  • Sanierungsmaßnahmen an hydraulisch überlasteten Kanälen (Generalentwässerungsplan)
  • Sanierungsmaßnahmen an baulich abgängigen Kanälen (Alter der Kanalisation, Selbstüberwachungsverordnung Kanal)
  • Gebietssanierungen (Selbstüberwachungsverordnung Abwasser)
  • Maßnahmen im Bereich der dezentralen Druckentwässerung
  • Maßnahmen zur Kanalnetzsteuerung
  • Erweiterungs-, Umbau- und Sanierungsmaßnahmen der Abwasserreinigung (Zentralkläranlage, Sonderbauwerke wie Pumpwerke und Abwasservorbehandlungsanlagen)

Niederschlagswasserbeseitigungskonzept, EU-Wasserrahmenrichtlinie

  • Sanierungsmaßnahmen zur Reduzierung von abzuleitendem Abwasser

Fremdwasserbeseitigungskonzept

  • Sanierungsmaßnahmen an hydraulisch überlasteten Kanälen

Generalentwässerungsplan

  • Sanierungsmaßnahmen an baulich abgängigen Kanälen

Alter der Kanalisation, Selbstüberwachungsverordnung Kanal

  • Gebietssanierungen

Selbstüberwachungsverordnung Abwasser

  • Maßnahmen im Bereich der dezentralen Druckentwässerung
  • Maßnahmen zur Kanalnetzsteuerung
  • Erweiterungs-, Umbau- und Sanierungsmaßnahmen der Abwasserreinigung

 Zentralkläranlage, Sonderbauwerke wie Pumpwerke und Abwasservorbehandlungsanlagen


Überwachung des öffentlichen Kanalnetzes: Kanalinspektionen

Durch gesetzliche Forderungen in NRW (Selbstüberwachungsverordnung Abwasser, kurz SüwVO) werden alle öffentlichen Hauptkanäle im Stadtgebiet Lemgo in regelmäßigen Zyklen mittels Kanalinspektionen auf Schäden untersucht, deren Ergebnisse ausgewertet und entsprechende Erneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen abgeleitet und durchgeführt.

 

Auszug eines Inspektionsberichtes einer öffentlichen Kanalhaltung mit Schäden

Inspektionsbericht einer öffentlichen Anschlussleitung mit Schäden

Inspektionsbericht einer öffentlichen Anschlussleitung ohne Schäden

Ebenfalls durch gesetzliche Forderungen in NRW (SüwVO) wurden im Stadtgebiet Lemgo alle öffentliche Schmutz- und Mischwasseranschlussleitungen von Grundstücken sowohl in Wasserschutzgebieten als auch von Grundstücken von Indirekteinleitern, die entweder gewerbliches oder industrielles Abwasser einleiten, auf Schäden untersucht, deren Ergebnisse ausgewertet und entsprechende Erneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen eingeleitet und durchgeführt.

 

Inspektionsbericht einer öffentlichen Kanalhaltung ohne Schäden

Inspektionsbericht einer öffentlichen Anschlussleitung ohne Schäden

Weitere Überwachungen und Kontrollen im öffentlichen Kanalnetz

Neben der Überwachung der öffentlichen Kanäle und der öffentlichen Schmutz- und Mischwasseranschlussleitungen durch Kanalinspektionen sind, ebenfalls durch gesetzliche Forderungen in NRW (Selbstüberwachungsverordnung Abwasser), zusätzliche Überwachungsarbeiten und Kontrollen in dem Gesamtnetz der Kanalisation durchzuführen. Dazu gehören:

 

Überwachung der Sonderbauwerke (Düker, Pumpwerke, Abwasservorbehandlungs- und Rückhalteanlagen)
Bild: Pumpwerk und Regenüberlaufbecken Hörstmar ggf. weitere Bilder PW, RÜB, RRB

Überwachung der Einleitungen in den Bachlauf (Vorflut)


Kanalneubau und Kanalsanierung

Durch den kontinuierlichen Kanalneubau und die Kanalsanierung wird sichergestellt, dass die bestehenden Kanalisationsnetze der ordnungsgemäßen Ableitung von anfallendem Abwasser genügen und vor allem erhalten bleiben.

Das Abwasserbeseitigungskonzept ist eine maßgebliche Grundlage für die Art, den Umfang und den Zeitpunkt von erforderlichen Kanalbaumaßnahmen. Daneben generieren sich durch die kontinuierlichen Inspektionen der vorhandenen Kanalisation erforderliche Kanalneubau- und Kanalsanierungsmaßnahmen.

Bei der Detailplanung von Baumaßnahmen im Kanalneubau und in der Kanalsanierung werden alle erforderlichen Aspekte, insbesondere die hydraulischen Verhältnisse, die erforderlichen Maßnahmen aus dem Niederschlags- und Fremdwasserbeseitigungskonzept, aus dem Straßenausbauprogramm und nicht zuletzt die Belange der Anlieger und Bürger berücksichtigt.

 

Straßenbau

 

Beim Kanalneubau handelt es sich in erster Linie um Erweiterungsmaßnahmen der bestehenden Kanalisation in der herkömmlichen offenen Bauweise.

Hierbei erfolgt die entwässerungstechnische Erschließung von weiteren Grundstücken innerhalb bereits bebauter Gebiete, die bisher nicht an das zentrale Kanalisationsnetz angeschlossen sind.

Im Weiteren handelt es sich um Maßnahmen, die der kanalmäßigen Erschließung von weiteren Wohnbau-, Gewerbe- und Industrieflächen im Sinne von Neubaugebieten dienen.

Kanalsanierung

Im Rahmen der Kanalsanierung wird die Altkanalisation entweder in offener Bauweise erneuert und/oder durch Reparatur- und Renovierungsmaßnahmen in geschlossener Bauweise instandgesetzt.

Eine Reparaturmaßnahme ist eine punktuelle Sanierung der vorhandenen Kanalisation. In Haltungen können dies beispielsweise Part- oder Kurzliner, Fräsarbeiten oder Spachtelarbeiten sein, in Schächten der Austausch von Steigeisen oder Schachtdeckeln, Teilabdichtungen oder Ähnlichem.

Reparaturmaßnahmen in einer Haltung werden i.d.R. durch den Einsatz von fahr- und steuerbaren Robotern über den Anfangs- oder Endschacht der Haltung durchgeführt. Die Reparaturmaßnahmen einer Haltung werden visuell sowohl vor als auch nach der punktuellen Sanierung dokumentiert.

Reparaturmaßnahmen in einem Schacht werden i.d.R. direkt im Schacht durch den manuell durchgeführt. Die Reparaturmaßnahmen eines Schachtes werden über Fotodokumentationen nachgehalten.

Eine Renovierungsmaßnahme ist eine linienförmige Sanierung an der vorhandenen Kanalisation, beispielsweise der Einbau von Inlinern in Haltungen oder die Beschichtung von Schächten.

Renovierungsmaßnahmen in einer Haltung werden i.d.R. durch den Einsatz von komplexen Sanierungsanlagen über den Anfangs- oder Endschacht der Haltung durchgeführt und erstrecken sich über die gesamte Haltung. Die Renovierungsmaßnahmen werden visuell sowohl vor als auch nach der linienförmigen Sanierung dokumentiert.

Renovierungsmaßnahmen in einem Schacht werden i.d.R. direkt im Schacht durch den „klassischen Tiefbau“ oder manuell durchgeführt. Die Reparaturmaßnahmen eines Schachtes werden über Fotodokumentationen nachgehalten.

Hier finden Sie ein Fachartikel über die Kanalsanierung in der Heustraße