Zustands- und Funktionsprüfung

von Abwasserleitungen

Rechtliche Grundlagen

Grundlage für die Verpflichtung aller Grundstückseigentümer für die Zustands- und Funktionsprüfungen privater Abwasserleitungen ist das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG). Danach müssen alle Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. Erfüllen sie diese Anforderungen nicht, so sind die dafür erforderlichen Maßnahmen (Sanierungen) innerhalb angemessener Fristen durchzuführen (§ 60 WHG).

Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31. Juli 2009, in der Änderung vom 1. August 2013

Landeswassergesetz (LWG) vom 08. Juli 2016

 

Im § 59 Abs. 4 LWG wird die oberste Wasserbehörde (MULNV) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags eine Rechtsverordnung zu erlassen. In dieser Rechtsverordnung sind die Einzelheiten für die Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen geregelt. Am 13. August 2020 wurde die neue Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw) im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW veröffentlicht und ist somit seit dem 14. August 2020 rechtskräftig.

Selbstüberwachungsverordnung Abwasser – SüwVO Abw


Informationen rund um das Thema

 

Was muss geprüft werden?

Bei einer Zustands- und Funktionsprüfung privater Abwasserleitungen gemäß SüwVO Abw sind private Abwasserleitungen zu prüfen, die im Erdreich oder unzugänglich verlegt sind und die ausschließlich Schmutzwasser oder Mischwasser (d.h. Schmutzwasser mit Niederschlagswasser gemischt) führen. Dazu gehören auch Leitungen, die unter dem Keller oder der Bodenplatte des Gebäudes liegen sowie zugehörige Einsteigeschächte und Inspektionsöffnungen.

Der Grundstückseigentümer muss alle Teile der Abwasserleitung prüfen, die nach Ortsrecht (Satzungsrecht) nicht Bestandteil der öffentlichen Anlage sind.

In Lemgo gelten gemäß Entwässerungssatzung die Grundstücksanschlussleitung und der Kontrollschacht (Einsteigeschacht) auf dem Grundstück als Teile der öffentlichen Abwasseranlage. In den Fällen, in denen kein Kontrollschacht vorhanden ist, oder dieser von der Stadt noch nicht als Teil der öffentlichen Abwasseranlage übernommen worden ist, endet die öffentliche Abwasseranlage an der Grundstücksgrenze.

Bis wann muss die Zustands- und Funktionsprüfung durchgeführt werden?

Landesweite Fristen für die erstmalige Prüfung regelt die neue SüwVO Abw, insbesondere für die Prüfung von Neuanlagen und von bestehenden Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten, sowie für industrielles und gewerbliches Abwasser.

Anlagen zur Ableitung von häuslichem Abwasser sind alle 30 Jahre einer Wiederholungsprüfung zu unterziehen.

Prüfungen, die nach alter Rechtsgrundlage zwischen 1996 und 2013 durchgeführt wurden, können als Erstprüfungen anerkannt werden, sofern sie den damaligen gesetzlichen und technischen Anforderungen entsprochen haben.

 

Unverzügliche Prüfung

Nach Neuerrichtung einer privaten Abwasseranlage ist im Anschluss unverzüglich eine Zustands- und Funktionsprüfung in Form einer Dichtheitsprüfung (Luft oder Wasser) nach DIN EN 1610 durchzuführen. Das liegt im Interesse des Bauherrn, der damit zugleich eine Bauabnahme und Dokumentation über die ordnungsgemäße bauliche Ausführung erhält (Gewährleistungsabnahme).

Das Gleiche gilt auch bei einer wesentlichen baulichen Veränderung der Abwasserleitungen. Darunter wird beispielsweise der Austausch von Leitungen oder eine Erweiterung von abwasserrelevanten Anlagen (z.B. Anschluss weiterer Entwässerungsgegenstände) verstanden. Zu prüfen sind dann nicht nur die veränderten bzw. neu gebauten Leitungen, sondern die Prüfpflicht bezieht sich dann auf die gesamte private Entwässerungsanlage.

 

Erstprüfung

Ergänzend zu den Fristen nach SüwVO Abw können Kommunen z.B. für einzelne Stadtgebiete weitere Fristen durch Satzungsregelung festlegen:

  • wenn in der SüwVO Abw für diese Gebiete keine Fristen für die erstmalige Prüfung vorgesehen sind,
  • wenn die Gemeinde für abgegrenzte Teile ihres Gebietes Inspektionen an öffentlichen Abwasseranlagen durchführt,
  • wenn Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Abwasseranlagen zu planen oder durchzuführen sind.

 

Wie können Zustand- und Funktion der Grundstücksentwässerungsanlagen geprüft werden?

Für die Zustands- und Funktionsprüfung gibt es drei Prüfverfahren:

  • optische Inspektion (Kamerabefahrung),
  • Druckprüfung mit Wasser oder Luft,
  • vereinfachte Druckprüfung mit Wasser (Wasserfüllstandsprüfung) oder Luft.

Welches Prüfverfahren als Nachweis zu wählen ist, ist in der Norm DIN 1986 Teil 30 geregelt.

 

Welche Ergebnisse liefert die Zustands- und Funktionsprüfung?

Die Prüfung muss nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfolgen. Danach ist das Prüfergebnis zu bescheinigen und mit Anlagen zu dokumentieren. Der Sachkundige muss dem Grundstückseigentümer nach erfolgter Prüfung folgende Unterlagen übergeben:

  1. Bescheinigungnach Anlage 2 der SüwVO Abwasser über das Ergebnis der Prüfung des Zustands und der Funktionsfähigkeit privater Abwasserleitungen und zugehöriger Schächte.
  2. Notwendige Anlagen zu der o.a. Bescheinigung

Hierzu gehören:

  • Bestandsplan/Lageplanskizze
  • Fotodokumentation der Örtlichkeit

bei optischer Prüfung muss vorliegen:

  • CD/DVD mit den Befahrungsvideos
  • Haltungs-/Schachtberichte
  • Bilddokumentation festgestellter Schäden

falls Prüfung mit Luft oder Wasser durchgeführt wurde, muss zusätzlich vorliegen:

  • Prüfprotokolle Luft oder Wasser

Werden keine Schäden festgestellt, sind weitere Maßnahmen nicht erforderlich. Werden Schäden festgestellt, müssen diese saniert werden: Große Schäden müssen kurzfristig saniert werden und mittelgroße Schäden sind in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren zu sanieren. Bagatellschäden müssen in der Regel vor der nächsten Wiederholungsprüfung nicht saniert werden.

 

Wer darf die Zustands- und Funktionsprüfung durchführen?

Nur Sachkundige können professionell prüfen.

Die Zustands- und Funktionsprüfung darf nur von einem anerkannten Sachkundigen durchgeführt werden.

Die Anforderungen an die Sachkunde sind in der Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw) festgelegt.

In der Verordnung ist festgelegt, welche Anforderungen von Sachkundigen erfüllt werden müssen, um auf der NRW-Landesliste als „anerkannter Sachkundiger" geführt zu werden.

Wie findet man anerkannte Sachkundige?

Hier finden Sie die NRW-Landesliste der anerkannten Sachkundigen.

Die Liste kann jedoch keinen absoluten Schutz vor unseriösen Prüfleistungen gewährleisten.

 

Warnung vor unseriösen Anbietern!

Die Inspektion und Sanierung der Grundstücksentwässerungsanlagen bietet für Inspektions- und Sanierungsfirmen ein sehr großes Auftragspotential. Die meisten dieser Firmen sind sicher seriöse Dienstleister, aber – wie in allen Branchen – gibt es auch hier schwarze Schafe!

In manchen Städten sind Firmen aktiv, die an der Haustür klingeln und Untersuchungen an privaten Abwasserleitungen anbieten. Geschickt erzeugen sie bei den Eigentümern Zeitdruck, um einen schnellen Auftrag zu erhalten. Sie offerieren einmalige Schnäppchenangebote und verweisen drohend auf gesetzliche Verpflichtungen der Eigentümer. Auch wird suggeriert, dass man im Auftrag der Stadt unterwegs ist.

Keine dieser Firmen ist im Auftrag der Stadt Lemgo unterwegs!

Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen und beauftragen Sie nicht zu schnell.

Holen Sie sich möglichst mehrere vergleichbare Angebote verschiedener Fachfirmen ein.

Prüfen Sie vor der Beauftragung, ob es sich bei dem Prüfer um einen „anerkannten Sachkundigen“ handelt. Schauen Sie dazu in die Landesliste.

Im Zweifelsfall fragen Sie bei Ihrer Stadt oder Gemeinde oder bei der Verbraucherzentrale NRWnach.

 

Was kostet die Zustands- und Funktionsprüfung?

Vermeiden Sie unnötige Kosten!

Erfahrungen zeigen, dass die Kosten für die Zustands- und Funktionsprüfung eines durchschnittlichen Einfamilienhauses bei seriösen Anbietern ca. 300 - 500 Euro betragen. Abhängig von der Situation auf dem Grundstück können die Kosten aber auch nach oben abweichen. Ausschlaggebend für die Kosten sind u.a. die Länge und die Zugänglichkeit der zu prüfenden Leitungen.


Prüffristen

Leitungsart und Leitungsalter

Gesetzliche Prüffrist

a) Generelle Verpflichtung für neue Leitungen

im Erdreich oder unzugänglich verlegte Abwasserleitungen zum Sammeln oder Fortleiten von Schmutzwasser oder mit diesem vermischten Niederschlagswasser nach Neuerrichtung oder nach wesentlicher Änderung

unverzüglich

b) Bestehende Leitungen innerhalb von festgesetzten Wasserschutzgebieten

 
  • bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen und die vor dem 1. Januar 1965 errichtet wurden
  • bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen und vor dem 1. Januar 1990 errichtet wurden
 

bis spätestens zum 31. Dezember 2015

Alle anderen Abwasserleitungen, die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen

bis spätestens zum 31. Dezember 2020

Alle anderen Abwasserleitungen, die zur Fortleitung häuslichen Abwassers dienen

Unverzüglich, wenn:

  • bei der Überprüfung des öffentlichen Kanalnetzes entweder Ausschwemmungen von Sanden und Erden, Ausspülungen von Scherben, Ausspülungen von weiteren Fremdstoffen, die auf eine Undichtigkeit des häuslichen Kanals schließen lassen, oder Ablagerungen von solchem Material am Einlaufbereich des häuslichen Anschluss-kanals in den öffentlichen Kanal festgestellt wurden.
  • Absackungen im Grundstücksbereich oder im Bürgersteigbereich, die auf eine Aus-schwemmung von Sanden und Erden schließen lassen, oberhalb des Verlaufs des häuslichen Anschlusskanals festzustellen sind.
  • mehrere Verstopfungen des Kanals in kurzer Zeit an die Stadt gemeldet werden.
 

c) Bestehende Leitungen außerhalb von festgesetzten Wasserschutzgebieten

 
  • Bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen, für das Anforderungen in einem Anhang der Abwasserverordnung festgelegt sind
 

bis spätestens zum 31. Dezember 2020

 
  • Alle anderen Abwasserleitungen
 
 
  • Es ist keine landesweit geltende Frist zur Erstprüfung vorgegeben.
  • Unverzüglich, wenn:
    • bei der Überprüfung des öffentlichen Kanalnetzes entweder Ausschwemmungen von Sanden und Erden, Ausspülungen von Scherben, Ausspülungen von weiteren Fremdstoffen, die auf eine Undichtigkeit des häuslichen Kanals schließen lassen, oder Ablagerungen von solchem Material am Einlaufbereich des häuslichen Anschluss-kanals in den öffentlichen Kanal festgestellt wurden.
    • Absackungen im Grundstücksbereich oder im Bürgersteigbereich, die auf eine Aus-schwemmung von Sanden und Erden schließen lassen, oberhalb des Verlaufs des häuslichen Anschlusskanals festzustellen sind.
    • mehrere Verstopfungen des Kanals in kurzer Zeit an die Stadt gemeldet werden.