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Südlicher Kirchturm St. Nicolai in Lemgo umgestürzt

aber bereits vor mehr als 360 Jahren - eine Rechnung gibt nähere Auskunft

Westseite Kirche St. Nicolai mit den beiden Türmen. Der rechte, südliche Turm war 1660 eingestürzt (Stadtarchiv Lemgo N 13/4543)

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Am vergangenen Wochenende war es über Lemgo ausgesprochen stürmisch mit einer Unwetterwarnung und teilweisen Schulschließungen.

Im 17. Jahrhundert trafen die Naturgewalten eine Stadt unvorbereitet und ohne Vorwarnung. So war es auch im Dezember 1660. Im Diarium Lippiacum des lippischen Amtmanns Anton Henrich Küster (1696 - 1758), einer zusammengestellten Chronik des 18. Jahrhunderts über verschiedene Ereignisse in Lippe, darunter auch viele extreme Wetterlagen, wird vermerkt: "Ohngefehr 1660 ist ein starcker Windsturm gewesen, welcher zu Lemgo auf der Nicolai- oder Altstädter Kirche den Klockenthurm (so höher ist als der Spielthurn) umgeworffen, und ist derselbe 1665 wieder aufgebauet." Die nachträgliche Chronik des Küster ist an dieser Stelle allerdings nicht ganz genau, denn der Wiederaufbau war bereits 1663 abgeschlossen. Dies geht aus der im Archiv der Lippischen Landeskirche in Detmold erhaltenen Abrechnung des Lemgoer Kämmerers und Templierers [Kirchenvorstehers] der Pfarrkirche St. Nicolai Hilmar Kuckuck von 1661 bis 1663 hervor, die als maschinenschriftliche Abschrift des Lemgoer Stadtarchivarss Dr. Hans Hoppe von 1957 auch im Stadtarchiv vorliegt.

Demnach bestand am Ende der Abrechnung eine Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben von 471 Thalern und 35 Groschen. Der Stadtkämmerer schoß der Stadt bzw. der Pfarrkirche den fehlenden Betrag damals vor, wofür er dann 1663 Entlastung erhielt und die Zusicherung, aus den städtischen Einnahmen eine entsprechende Entschädigung bzw. eine Schuldverschreibung zu erhalten. Für den Wiederaufbau des Turmes wurden auch zahlreiche Spenden geleistet, angefangen mit der lippisch-gräflichen Familie an der Spitze.

Die Namen der Spender sollen zusätzlich noch in drei Büchern laut Abrechnung vermerkt sein, die sich aber wohl leider nicht mehr erhalten haben.

Ob ein Stadtkämmerer oder Kirchenvorstand heute noch aus seinem Privatvermögen einen Fehlbetrag in der städtischen Kasse ausgleichen würde, dürfte allerdings bezweifelt werden...