Um verschiedenste Frauen-Fördermöglichkeiten ging es bei der Veranstaltung, die die Gleichstellungsbeauftragte Christiane Osterhage zum Internationalen Frauentag initiiert hatte. Dabei waren Unternehmen und Institutionen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Zum Abschluss referierte Evelyne Waithira Müller zu ihrer Integrationsgeschichte.
Christiane Osterhage, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, begrüßte die Besucherinnen mit einem Getränk und führte viele Gespräche. „Der Equal Pay Day hat es gerade noch einmal gezeigt, Frauen sind in vielen Bereichen noch nicht gleichberechtigt. Aber es gibt viele Institutionen, Unternehmen und Gruppen, die Mittel und Wege nutzen, um sich für Verbesserungen einzusetzen. Frauen sollten sich nicht scheuen, diese Chancen und Förderung in Anspruch zu nehmen, denn es profitieren am Ende alle Seiten von Gleichberechtigung. Das steckt ja schon im Wort“, so Christiane Osterhage.
Der Verein Centrum Industrial IT hatte die Veranstaltung mitorganisiert und viele CIIT-Partner waren dabei. Das Fraunhofer IOSB-INA war auf dem Markt ebenso vertreten wie Unternehmen wie Phoenix Conact, KEB, Hilscher und Weidmüller. Der Kreis Lippe präsentierte die Angebote des Kommunalen Integrationszentrums und des Kommunalen Integrationsmanagements. Sie bieten sowohl Unterstützung für zugewanderte Menschen als auch Hilfe und Seminare für Personen, die Menschen bei der Integration und dem Fußfassen in Deutschland unterstützen. Der zentrale Gedanke dahinter ist, dass Einwanderung für alle Beteiligten eine große Bereicherung ist und das nicht zuletzt auf dem Arbeitsmarkt.
„Es bewegt sich etwas für Frauen in der Arbeitswelt“, zeigt sich Romina Kehl, Ausbildungsleiterin bei Weidmüller, optimistisch. Selbst hat sie viele Jahren in typischen Männerdomänen gearbeitet und dabei die Erfahrung gemacht, dass sie es wegen ihres Geschlechts manchmal schwerer hatte als ihre männlichen Kollegen. „Mittlerweile ist auch wegen des Fachkräftemangels der Druck da und die Erkenntnis, dass Frauen unverzichtbar sind. Bei Weidmüller bemühen wir uns darum, qualifizierte Frauen zu uns zu holen. In den letzten zwei Jahren hat sich unser Frauenanteil verdoppelt, auch in Führungspositionen haben wir mehr Frauen und wir haben ein Programm zur Förderung junger MINT-interessierter Frauen aufgelegt“, so Romina Kehl.
Sie sieht auch Verantwortung bei den Unternehmen: „Wir müssen den Frauen zeigen, dass die Infrastruktur für alle da ist. Flexible Arbeitszeitmodelle, geteilte Führung und ein Betriebskindergarten sind da nur ein Teil unserer Maßnahmen. Es sind nötige Voraussetzungen, denn Diversität tut uns gut. Heterogene Gruppen sind auf Dauer erfolgreicher.“
Dass dabei aller Anfang zumindest nicht ganz einfach ist, zeigte das auf dem Markt für Chancen vertretene Start-Up FINDIQ. Das Start-Up setzt dort an, wo der Fachkräftemangel zu Problemen führt, Stichwort „Wissensmanagement“. Mit einem Assistenzsystem für den Maschinenservice wird Wissen von Fachkräften in Software nutzbar gemacht. Als Sina Kämmerling im April 2022 das Start-Up mitgegründet hat, war sie in dreifacher Hinsicht Exotin, sagt sie: „Im Bereich Ingenieurwesen/Maschinenbau, im Bereich Software und auch allgemein in der Start-Up-Szene ist man nicht gerade von vielen Frauen umgeben.“
Ihre Kollegin Senada Memic kümmert sich um das Marketing und erinnert sich an eine Begegnung auf einer Messe. „Da wurden wir gefragt, wer denn die Gründer des Start-Ups sind. Dass wir das selbst sein könnten, kam dem Fragenden gar nicht in den Sinn“, berichtet sie von der ungläubigen Reaktion. Es werden mehr Frauen, aber trotzdem gibt es noch viel Luft nach oben, sind sich die beiden einig.
In die weite Welt geht es mit dem International Office der Technischen Hochschule OWL. Ananya Nagendran informierte zu Stipendien für den Auslandsaufenthalt, besonders das „Women Worldwide“-Stipendium speziell für Frauen, aber auch Integrationsprojekte für Geflüchtete und Deutschkurse zur Studienvorbereitung. Besonders erfolgreich ist auch das Programm „QualifyING“ für Ingenieure mit ausländischem Studienabschluss, dessen Förderung durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW gerade verlängert wurde. „Das Ziel ist es, die Leute fit zu machen für den deutschen Arbeitsmarkt. Häufig finden unsere Teilnehmenden noch während das Programm läuft eine Anstellung“, erklärt Ananya Nagendran.
Einblicke in ein Leben als zugewanderte Person gewährte Referentin Evelyne Waithira Müller in ihrem Vortrag. Die gebürtige Kenianerin, die auch einige Zeit in der Britischen Armee gedient hat, ist Psychologin, lebt im Kreis Lippe und berichtete von ihren Erlebnissen. Dazu gehörte auch positiver Rassismus, der von vielen unterschätzt wird. So war ihr bei einem Wettrennen grundlos ein gutes Ergebnis prophezeit worden. „Für die Betroffenen ist ‚positiver‘ Rassismus keineswegs positiv, denn einerseits werden unbegründete Erwartungen an eine Person gestellt und andererseits wird eine gute Leistung nicht wertgeschätzt, denn sie wird als etwas Typisches wahrgenommen“, erklärt Evelyne Waithira Müller.
In der Regel ist positiver Rassismus nicht böse gemeint. „Keiner kann sich komplett von Vorurteilen freimachen, das geht nicht. Aber man sollte versuchen, sich selbst vor Augen zu führen, dass man diese Vorurteile hat und dass sie nichts mehr sind als das – Urteile, die man fällt, ohne etwas wirklich zu kennen. Man sieht von den Menschen immer erst einmal nur das Äußere und das ist nichts anderes als die Spitze vom Eisberg“, regt die Psychologin an.
Fotos: Alte Hansestadt Lemgo